Chinesische Personalerin.

  • 13.07.2014

  • Nun, genau genommen handelt es sich dabei um eine deutsche Dame, die ich in ihrem Hochsitz eines deutschen Unternehmens traf, aufgrund meiner Initiativbewerbung beim deutschen Geschäftsführer.

    "Ja, ich habe selbst einige Zeit in Asien verbracht und kenne die Mentalität dort. Dennoch mussten wir uns mit diesem Unternehmen zwischenzeitlich aus dem dortigen Markt zurückziehen, es hat nicht geklappt. Nun sind wir wieder dabei, uns dort einzubringen und suchen dafür deutsche Unterstützung - Sie hatten sich ja auf die Position beworben?" - "Nein, ich hatte Ihrem Geschäftsführer eine Initiativbewerbung zukommen lassen, und daraufhin wurde ich zu diesem Gespräch eingeladen." - "Ach so?" Die Dame blätterte etwas irritiert in ihren Unterlagen. "Ähm, erzählen Sie mir von sich!"

    Nun, ich habe über vier Jahre in China bei deutschen Global Playern und Mittelständlern in Controlling, Logistik und Aufbau eines Joint Ventures gearbeitet und schließlich bei einer chinesischen Firma in Berlin. Dabei sind mir stets Suboptimalitäten beider Seiten aufgefallen, aufgrund der unterschiedlichen Annahmen über Vorgehensweisen und Kooperationen. Mit diesem Wissen bin ich nun selbständig, in der China-Beratung konkreter Unternehmenssituationen."

    Ah, hm - nein, Berater haben wir ja bereits ausreichend, die großen Prüfungsgesellschaften gehen da mit uns Hand in Hand, und auch sonst ... Naja, ich bin ja grad in Gesprächen mit dort auszuwählenden chinesischen Managern vor Ort - da sind gute Kandidaten dabei! Der eine hat bereits in einem westlichen Unternehmen auf ähnlicher Position gearbeitet, der nächste hat gute Kontakte in Regierungsebenen, der dritte ist in Amerika aufgewachsen, mit westlicher Ausbildung und möchte nun am boomenden Markt Chinas teilhaben. Allesamt gute Leute! Jeder von denen erzählt mir, dass er der Beste für den Job ist - nur kann ich das bisher schwer beurteilen, bin nicht ganz sicher, wer wirklich der Richtige ist ..."

    Die Dame war in Plaudern geraten, spürte sie doch, dass sie jemanden vor sich hatte, der ihre Nöte nachvollziehen konnte, unbewusst irgendwie. Doch von einem Moment auf den anderen kehrte sie in die Wirklichkeit zurück: "Hm, ok, tja, dann tut es uns leid - da lag wohl ein Missverständnis vor!" Sie klappte meine Unterlagenmappe zu und wurde wieder ganz geschäftlich: "Tut und leid, dass Sie den weiten Weg auf sich nehmen mussten ..."

    Damit war das Gespräch beendet, und ich in der kühlen Businessmentalität eines neuerlichen Chinafalles angekommen – und verbannt. Seltsam. Da waren zwei Personen binnen zehn Minuten zusammengekommen, die sich gegenseitig auf so vielen Ebenen hätten befruchten können. Doch nur eine der beiden schien dies bemerkt zu haben. Die zweite lebte nach ihren Mustern weiter, in der Wir-Gruppe, in der sie sich stark zu fühlen schien. Dass sie dort genauso verloren mit ihren Beurteilungen und Entscheidungen war wie sie es allein auf weiter Flur in China oder Asien gewesen wäre, schien ihr nicht aufzufallen.

    Ob das Unternehmen einen passenden Kandidaten für die Position gefunden hat, weiß ich nicht. Generell verfolge ich Engagements selten weiter, die den Schlüssel zur richtigen Beurteilung noch gar nicht in der Hand halten. Solange dies nicht der Fall ist, werden sie im Dunkeln durch China tappen - und nach der ersten Hand greifen, die sich ihnen bietet.

    Ob dies eine helfende ist, mag dahingestellt sein.

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