Chinesische Staatsbürgerschaft.

  • 13.07.2014

  • Als Deutscher ist man möglicherweise gut beraten, seine ureigene, von Geburt im Teutonenblut vererbte Staatsbürgerschaft beizubehalten, da sie eine der freizügigsten Bewegungs- und Reise-möglichkeiten auf diesem Globus gewährleistet.

    Für China benötigt man allerdings stets ein Visum, persönlich bei Konsulat oder Botschaft zu beantragen, mit Eilgebühr bei Abholung am gleichen Tag. Eine sicherlich hervorragend laufende Einnahmequelle für die Volksrepublik China.

     

    Es geht aber auch anders. Beispielsweise habe ich von einer deutschen sinologischen Kommilitonin gehört, die während ihres Auslandsstudiums in Taiwan einen Taiwanesen kennen- und liebengelernt hatte, mit dem sie später gemeinsam nach Kanada auswanderte und die dortige Staatsbürgerschaft annahm. Ebenso kenne ich Chinesen, die lange in Deutschland studiert, gearbeitet und nebenbei auch gelebt haben und aufgrund dessen deutsche Mitbürger wurden – oder denen durch Heirat mit einem deutschen Partner dieses Glück rascher zuteil wurde. Unter meinen chinesischen Freunden in Deutschland sind gleichsam einige, die trotz langjährigen Deutschland-Aufenthalts oder deutschem Ehepartner weiterhin ihren chinesischen Pass behalten, da sie sich ihrem Geburtsland in sinensischem Blute verbunden fühlen.

    Dass es hingegen für einen Deutschen erstrebenswert sei, die chinesische Staatsbürgerschaft zu erwerben, erschien mir bis dato eher unwahrscheinlich: China ist trotz aller Spannung und Abenteuerlichkeit des Lebens dort doch immer noch ein Land, in dem ein Ausländer, ein Deutscher zumal, zwar einige, teils lange Jahre leben kann – doch irgendwann ist für die meisten von uns der Punkt erreicht, das Land zu verlassen, aus vielerlei Gründen. Meist ist es der Tatsache geschuldet, dass die Kulturen in ihren tiefsten Wurzeln und den damit verbundenen Selbstverständlichkeiten und Weltanschauungen sich doch sehr fremd sind und ein Westler dort vieles vermisst, was niemals – auch, wenn er es sich noch so wünscht! – gegeben sein wird. An dem Punkt ist es dann Zeit zu gehen.

    Doch in China gibt es nichts, was es nicht gibt, und auch in der Frage der wechselnden Staatsangehörigkeit wurde ich hier einmal mehr eines Besseren belehrt. Während eines Arbeits-einsatzes berichtete ein Mitarbeiter, der selbst aus der ehemaligen DDR stammt, Folgendes: Sein Onkel, ebenso ostteutonischen Blutes, ist in seinem Gebiet der deutschen Ingenieurskunst eine Koryphäe, und damit in bestimmten Kulturkreisen auch eine Trophäe, die es zu erjagen gilt – im chinesischen beispielsweise. So wurde er von einer chinesischen Firma in China umworben, dort vor Ort in leitender Position sein Wissen zu vermitteln und weiterzugeben. Der ostteutonische Onkel sagte gerne zu: Selbst schon fortgesetzten Semesters waren seine Kinder aus dem Haus, und seine Frau war gern bereit, ihm nach China zu folgen.

    Nichts Besonderes bis hierher, den die meisten westlichen Manager sind allein aus dem Grund in China – und dürfen dort sein –, weil sie ein Wissen mitbringen, dass für chinesischen Unternehmen interessant ist. Die einzige chinesische Daseinsberechtigung dieser Spezies. Der ostteutonische Onkel nun allerdings schien hier das Alphatierchen zu sein, oder sein Wissen wirklich allzu selten: Seine chinesische Firma bot ihm an, die chinesischen Staatsbürgerschaft anzunehmen, denn nur mit dieser sei es ihm vergönnt, in das Führungsgremium der Firma aufzusteigen, was allein Chinesen statutengemäß erlaubt ist. Der Onkel, der sich beruflich angenommen und menschlich respektiert fühlte - was aufgrund seines begehrten Wissens seitens der Chinesen auch tatsächlich der Fall war – fackelte nicht lange und willigte ein. Binnen kürzester Zeit wurde er als teutonische Langnase chinesischer Staatsbürger, mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten.

    So – und nur so – konnte er in das Management Board seines chinesischen Arbeitgebers aufsteigen und dort wertvolle Beiträge zur technischen Fortentwicklung der sozialistischen Marktwirtschaft mit chinesischer Prägung liefern.

    Ob seine Frau und Kinder seinem staatsbürgerlichem Beispiel folgten, und ob die neugeborenen Enkel wahlweise in Hong Kong oder auf einer zur Zeit der Niederkunft rein zufällig anberaumten Auslandsreise in den USA zu Welt kamen, ist in den verwirrenden Wirren der Geschichte indes verlorengegangen.

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